2. Prozesstag „Lasermann“ (19.12.2017)

0

Zu Beginn des zweiten Verhandlungstags im Prozess gegen den Rechtsterroristen John Ausonius wurde der Antrag, das Verfahren einzustellen, zurückgewiesen. Ausonius ist angeklagt die Jüdin Blanka Zmigrod 1992 in Frankfurt ermordet zu haben. Die Verteidigung hatte einen Antrag auf Einstellung mit der langen Zeitspanne zwischen der ersten Verdächtigung Ausonius und dem Beginn des Prozesses begründet. Dies widerspreche dem Grundsatz eines zeitnahen Prozesses. Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht und wies den Antrag ab.

Als erster Zeuge wurde der Polizeibeamte R. angehört, der zum Zeitpunkt des Mordes 1992 bei der Frankfurter Mordkommission arbeitete. Er berichtete über die Ermittlungen, welche die Mordkommission damals durchführte, wie sie auf John Ausonius als möglichen Täter kamen und rekonstruierte dessen Werdegang. Die Mordkommission habe damals mit drei unterschiedlichen Ermittlungsansätzen gearbeitet, so R.: Sie haben damals sowohl im Umfeld des Opfers ermittelt als auch eine Serie von Raubüberfällen überprüft, die nach ähnlichem Muster wie der Mord an Blanka Zmigrod vonstattengingen, beides jedoch ohne Ergebnis. Nur der dritte Ansatz gestaltete sich im Lauf der Ermittlungen als ergebnisbringend: Eine Kollegin von Frau Zmigrod aus dem Mövenpick-Restaurant beschrieb einen Mann, der das spätere Opfer beschuldigt hatte seinen Casio-Taschencomputer gestohlen zu haben. Dabei soll er auch gesagt haben, dass „Deutsche so etwas nie machen würden“, Menschen „aus dem Osten“ dagegen Geld bräuchten.

Das Phantombild, das auf Grundlage der Beschreibung der Kollegin Blanka Zmigrods angefertigt wurde, habe „nach einem Südamerikaner ausgesehen“, so der Polizist R. Deswegen habe man besonders Rauschgifthändler in Verdacht gehabt. Die Mordkommission habe aufwendig alle Hotels in Frankfurt überprüft, in denen regelmäßig Südamerikaner zu Gast seien, erzählte der Polizist im Zeugenstand.
Hier zeigt sich erneut, wie rassistische Stereotype die Ermittlungen der Polizei strukturieren. Obwohl die Polizei später den Schwede Ausonius in dem Phantombild erkannte, dessen Eltern aus Deutschland und der Schweiz stammten, meinten die Ermittler zunächst einen Südamerikaner zu erkennen. Die Schlussfolgerung, deshalb in Richtung Rauschgifthandel zu ermitteln, erinnert deutlich an die rassistische Ermittlungspraxis zu den NSU-Morden.

Den Hinweis auf John Ausonius habe schließlich ein anderer Polizeibeamter gegeben, so R.: Dieser Kollege habe das Phantombild in einem Amtsblatt des BKA gesehen. Da er eng mit der schwedischen Polizei zusammenarbeitete, kannte er das Bild des „Lasermann“ John Ausonius und erkannte ihn in dem Phantombild wieder. Die Ermittlungen hätten den Verdacht, dass es sich bei dem „Casiomann“, wie die Polizei ihn zuerst nannte, um John Ausonius handelte, bestärkt: Ausonius habe zum Beispiel am Tag, an der der „Casiomann“ persönlich im Mövenpick-Restaurant war, wenige Minuten entfernt davon einen Walkman gekauft. Außerdem besaß er eine Schusswaffe des gleichen 6.35mm Kalibers und die gleiche seltene und in Deutschland verbotene Munition. Ferner habe er sich am Tag nach dem Mord einen neuen Casio-Taschencomputer gekauft bevor er mit einem falschen Pass nach Südafrika flog.

Diesen Pass habe Ausonius sich in Dresden besorgt. Er habe dort vor dem Arbeitsamt einen Mann angesprochen, der gegen Geld ihm seinen Ausweis überlassen und diesen später als verloren gemeldet haben soll. Später schrieb Ausonius ihm mehrere Postkarten aus Südafrika und fragte unter anderem nach einem Führerschein.

Warum Ausonius dafür nach Dresden fuhr, ist bisher genauso unklar wie die Frage, warum er in das Apartheidsregime Südafrika geflohen ist und was er dort gemacht hat. Bisher bekannt sind von seinen Aufenthalten dort nur der Kauf mehrerer Schusswaffen, unter anderem der Kauf einer Pistole der Marke Taurus im Dezember 1991, welche das gleichen Kaliber wie die Tatwaffe hatte.

Als zweiter Zeuge wurde der 83jährige Helmut B. befragt. Er war 1992 nur wenige Momente nach dem Mord am Tatort und fand die tote Blanka Zmigrod auf. Er beschrieb vor Gericht, wie er sie auf der anderen Straßenseite im Kettenhofweg schnell an sich vorbeilaufen gesehen habe, wie ein Radfahrer hinter ihr herfuhr und wie er den Schuss hörte. Die Tat selbst hatte er jedoch nicht gesehen. Über seine damalige Aussage hinaus konnte er keine genauen Angaben machen.

Auch die zwei darauffolgenden Zeugen, ein weiterer Ermittler und ein Stammgast des Mövenpick-Restaurants, konnten nach über 25 Jahren keine Angaben über ihre damaligen Aussagen hinaus machen. Der Polizist Bernd K., damals ebenfalls an den Ermittlungen beteiligt, führte damals die Vernehmung und Tatortbegehung mit Helmut B. durch, konnte sich aber an nichts mehr erinnern. Der Stammgast des Restaurants wurde geladen, da er nach dem Mord an Blanka Zmigrod der Polizei von einem kurzen Gespräch mit ihr erzählte. In diesem Gespräch, wenige Zeit vor ihrer Ermordung, fragte Frau Zmigrod den Stammgast H., womöglich spöttisch auf die Anschuldigungen des „Casiomannes“ Bezug nehmend, ob er wirklich seine Wertsachen in seinem Mantel lassen wolle. Beide Zeugen wurden nach sehr kurzer Befragung wieder entlassen.

Zum Schluss des Verhandlungstages erklärte die Staatsanwaltschaft, dass sie den von der Verteidigung geforderten Lügendetektortest für ungeeignet halte. Der psychologische Sachverständige pflichtete ihr hierin bei, zum einen aufgrund der Fehlerrate von 20 – 30%, zum anderen aufgrund der hohen psychopathischen Persönlichkeitsmerkmale des Angeklagten. Das Gericht vertagte die Entscheidung hierüber, beschloss jedoch noch drei weitere Termine für die Hauptverhandlung. Das Urteil wird voraussichtlich am 20.02.2018 verkündet.

Share.

About Author

Comments are closed.