Bericht zur 38. öffentlichen Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses im hessischen Landtag (19.05.2017)

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In der 38. öffentlichen Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses am 19. Mai 2017 wurden Staatsanwalt Dr. Götz Wied von der Staatsanwaltschaft (StA) Kassel sowie in interner Sitzung Michael See geladen. Wied hatte bereits in der 14. Sitzung am 23.11.2015 ausgesagt.

Dr. Götz Wied wurde in dieser Sitzung geladen, um zu dem Themenkomplex des Umgangs mit den Angehörigen, den Ermittlungen gegen diese und weitere Zeugen auszusagen. Er berichtet, keinen persönlichen Kontakt zu Angehörigen gehabt zu haben. Im Umfeld des Opfers wurde ermittelt, hierzu wurden sowohl die Finanzen angeschaut, observiert, als auch eine Telefonüberwachungen durchgeführt. Die Telefonüberwachung aufgrund einer möglichen Bedrohungslage gegen Temme sei über den Bereich Gefahrenabwehr der Polizei gelaufen, nicht über die StA. Ein ungewöhnlicher Umgang mit der Familie durch die MK Café sei ihm nicht in Erinnerung geblieben. Er habe nicht wahrgenommen, dass mit den Angehörigen schlecht umgegangen worden sei. Es habe keinen Verdacht gegen die Familie gegeben, die Ermittlungen sollten nur dazu dienen, Hinweise auf Täter zu finden. Obwohl es in den abgehörten Telefonaten jedoch keine Hinweise auf Täter gab, sei trotzdem monatelang abgehört worden, ohne, wie sonst üblich, vorher abzuschalten. Jürgen Frömmrich (Die Grünen) weist darauf hin, dass im Bundes UA festgestellt wurde, dass alle Motive außer einem rassistischen in Erwägung gezogen worden seien. Diese Einschätzung teilt Wied nicht, da Niemand als Beschuldigter genannt worden sei. Die Opferfamilien hatten hierbei jedoch das Gefühl, als Täter anstatt Opfer behandelt worden zu sein. Hierzu gibt Wied an, als Zeuge hierzu nichts sagen zu können und der richtige Ansprechpartner hierfür Ismael Yozgat sei.
Am Mordtag, als er zum Tatort kam, waren bereits Wiederbelebungsmaßnahmen durchgeführt worden, sodass die Position der Leiche zum Todeszeitpunkt nicht mehr war. Hierzu gab es lediglich eine Rekonstruktion anhand von Blutspuren.
Wied erklärt, dass es neben der Telefonüberwachung mindestens einen verdeckten Ermittler gab, an eine Observation könne er sich nicht erinnern.
Wied wird auf die Durchsuchung am 21.4. in den Räumlichkeiten des Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hessen angesprochen: Hierbei sei ein Panzerschrank, der bei Temme stand, nicht durchsucht worden. Wied erinnert sich nicht an diesen. Bei der Durchsuchung sei jedoch ein Waffenreinigungsgerät gefunden worden. Dies sei ungewöhnlich gewesen, da keine Waffe vor Ort war.
Wied erklärt, sich persönlichen nicht vorstellen zu können, dass der tote Yozgat nicht gesehen wurde. Er habe in dem Moment nicht daran gedacht, die Rechtsmedizin damit zu beauftragen zu schauen, wie Yozgat gelegen habe. Das Rekonstruktionsvideo mit Temme beschreibt er als gekünstelt und gestellt. Fehling habe erklärt, dass jemand vom LfV aus Wiesbaden gekommen sei, um den Tresor zu leeren. Wied hat hieran keine Erinnerung, er habe nie davon erfahren.
Die Einsätze mit verdeckten Ermittlern hätten im Prinzip gespart werden können. Einer habe sich als Kaufinteressent für das Café ausgegeben und sich viermal mit Yozgat getroffen. Erst nach dem dritten Treffen habe er erklärt, dass Kaufpreis zu hoch sei. Einmal habe der verdeckte Ermittler Yozgat angerufen und ihm gesagt, dass er ihn wegen der Tat in Nürnberg treffen wollte. Yozgat sei nach dem Treffen sichtlich enttäuscht gewesen, da er dachte, weitere Informationen erhalten zu können. Wied wiederholt auch nach dieser Geschichte, dass die Familie ordentlich behandelt wurde und dies Ermittlungsmaßnahmen waren, um den Mord aufzuklären.
Dass Temme sich nach dem Mord nicht gemeldet habe, sei nicht als Behinderung der Ermittlung zu sehen, so Wied. Yozgat kannte Temme vom Sehen, da dieser häufig dort surfte. Schaus spricht Wied auf den Bericht von Forensic Architecture an. Die Berichterstattung darüber habe Wied in der Süddeutschen Zeitung verfolgt und das Ergebnis entspreche seiner Einschätzung.
Die Mail von Iris Pilling an alle V-Mann Führer mit dem Hinweis auf die Mordserie, welche Temme vor dem Mord in Kassel abzeichnete, sei ihm erst durch den Bundestagsuntersuchungsausschuss im letzten Dezember bekannt geworden.

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