28. Prozesstag, 10. November 2020

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An diesem Verhandlungstag sagten drei Zeugen aus. Ein Ermittler des LKA sagte zunächst zu Ermittlungen zu einer Aussage von Stephan Ernst aus. Dieser hatte angegeben, dass u.a. anhand von einer Kartenzahlung an einer Tankstelle nachprüfbar sei, dass er und Hartmann sich im April 2019 zur Planung des Mordes getroffen hätten. Der Zeuge konnte die Aussage von Ernst nicht bestätigen. Im Laufe der Befragung stellte sich allerdings heraus, dass er weder vor Ort war noch die Finanzermittlungen, auf die er sich bezog, selbst durchgeführt hatte und daher viele Fragen gar nicht beantworten konnte. Als zweiter Zeuge wurde erneut Ernsts Kollege Habil A. gehört, der nach der Freilassung von Hartmann bei OStA Killmer anrief und sagte, Hartmann habe die Adresse von Lübcke an Ernst gegeben. In der Befragung sagte A. aber, bei dem von ihm gehörten Gespräch sei der Name Lübcke nicht gefallen. Der dritte Zeuge, D., war an der Festnahme von Hartmann beteiligt. Dieser habe zunächst gesagt, er wolle keine Angaben machen. Wenn der GBA beteiligt sei, sei er schon vorverurteilt und es stünden neun Jahre Haft im Raum. Später zeigte sich Hartmann aber offenbar gesprächiger. Er gab D. gegenüber an, Ernst seit 15 Jahren zu kennen. Die beiden hätten sich in der rechten Szene kennengelernt. Sie hätten sich von dieser entfernt und seit 2009 keine Straftaten mehr begangen. Er habe mit Ernst im Schützenverein gemeinsam das Schießen trainiert.

Zu Beginn des Prozesstages stellte die Verteidigung von Stephan Ernst erneut Anträge, die den Nebenkläger Ahmed I. als unglaubwürdig erscheinen lassen sollten. Der Vorsitzende Richter Sagebiel hakte im Anschluss nach, wie viele Beweisanträge noch kämen. Er wolle keine Frist setzen, machte aber deutlich, dass die Anträge so bald wie möglich gestellt werden sollten. Danach stellte RA Clemens von der Verteidigung Hartmann einen Beweisantrag dazu, dass Thorsten Heise seit Jahrzehnten ein zentraler Funktionär der rechten Szene sei. Dazu beantragte er die Verlesung von Teilen der Broschüre „Zwischen Gewalt, RechtsRock und Kommerz – Der Multifunktionär Thorsten Heise“. Die ganze Broschüre solle ins Selbstleseverfahren einfließen. Er nahm auf den letzten Prozesstag Bezug, bei dem es um den Kontakt von Stephan Ernst zu Thorsten Heise u.a. im Jahr 2011 ging. Dieser rücke den angeblichen Ausstieg Ernsts aus der rechten Szene 2009 in ein anderes Licht. Wer zu Heise Kontakt habe, sei niemand, der von einem durch Zufall wiedergetroffenen Kameraden reaktiviert werden müsse. RAin Schneiders von der Verteidigung Hartmann legte danach Widerspruch gegen die Verwertung des Geständnisses von Ernst ein. OStA Killmer und der Vorsitzende Richter machten deutlich, dass die Aussage zu würdigen und einzuordnen sei. Danach machte RAin Schneiders Angaben zum Lebenslauf ihres Mandanten. Zum Schluss sagte sie, er sei aktuell ohne Arbeit und ohne festen Wohnsitz. Auf Frage Sagebiels bestätigte Schneiders, dass dies die Einlassung zu den persönlichen Verhältnissen Hartmanns sei.

Danach wurde der erste Zeuge des Tages, Erster Kriminalhauptkommissar Frank E. vom LKA Wiesbaden, vernommen. Er sagte zunächst zu einem Ermittlungsauftrag durch das Gericht aus. Stephan Ernst hatte in der Verhandlung angegeben, dass er Mitte April 2019 mit Hartmann den Mord an Walter Lübcke geplant habe. Das ließe sich daran überprüfen, dass er sich mit ihm auf dem Gelände der Firma SMA getroffen habe. Zuvor habe eine Vorstandssitzung beim Schützenverein Sandershausen stattgefunden. Sie hätten Bier bei einer Tankstelle gekauft und mit Karte bezahlt; außerdem hätten sie ihre Handys dabei gehabt. Der Zeuge sagte, man habe mittels einer Internetrecherche herausgefunden, dass die Firma SMA vier Standorte habe, drei davon seien direkt beieinander, gegenüber sei eine Tankstelle, daher nehme er an, dass dies der entsprechende Ort sei. Es gebe im Umfeld auch nur diese eine Tankstelle. Am 10. April 2019 habe es eine Vorstandssitzung im Schützenverein gegeben, da seien laut Aussage des stellvertretenden Vorsitzenden weder Ernst noch Hartmann gewesen. Am 4. Mai 2019 habe die Jahreshauptversammlung stattgefunden, auf dieser hätten sich beide in die Teilnahmeliste eingetragen. Zum von Ernst angegeben Einkauf mit Geldkarte hätten die Finanzermittlungen, die andere durchgeführt hätten, keine entsprechenden Käufe ergeben. Die Standort-Daten der Handys könnten nach dieser Zeit nicht mehr erfasst werden, so der Zeuge zu den weiteren Ermittlungen. Die Aussagen des Zeugen E. wurde von der Verteidigung von Ernst hinterfragt. RA Kaplan deutete an, dass es sich um den anderen Abschnitt des SMA-Firmengeländes gehandelt haben könne und dass es noch eine weitere Tankstelle, drei Minuten mit dem Auto entfernt, gäbe. E. sagte, er habe nicht zu einer drei Minuten mit dem Auto entfernten Tankstelle ermitteln sollen. Sagebiel entgegnete den Fragen der Verteidigung, dass die Finanzermittlungen Kartenzahlungen an allen Tankstellen gezeigt hätten und dass der Zeuge dies dann entsprechend auch gesagt hätte.

Außerdem sagte der Zeuge E. zu polizeilichen Vernehmungen von Ernsts ehemaligem Verteidiger RA Waldschmidt aus, da er diese leitete. Waldschmidt habe angegeben, Ernst in der JVA aufgesucht zu haben. Er habe dann im Auto überraschend von dem ersten Geständnis von Ernst gehört, habe ihn dann erneut besucht und sei dann, für Waldschmidt überraschend, beim Haftprüfungstermin entpflichtet worden. Danach habe sich Ernst noch einmal in einer „dringenden Angelegenheit“ gemeldet, worauf Waldschmidt im November 2019 erneut in der JVA gewesen sei. Dabei habe Ernst Waldschmidt gebeten, mit dem Umfeld von Hartmann Kontakt aufzunehmen, um zu sagen, dass Ernst gegen Geld bereit sei, die Waffenlieferung durch Hartmann einem anderen zuzuschreiben. Das Geld habe an RA Hannig und an die Frau von Stephan Ernst fließen sollen. Das habe Waldschmidt abgelehnt. Ernst habe außerdem durch Waldschmidt Kontakt zur Gefangenenhilfe gewollt, aber der Zeuge E. wusste nicht, ob es dazu gekommen ist.

Als zweiter Zeuge wurde erneut der Arbeitskollege und Freund von Ernst, Habil A. gehört, da dieser über die Haft-Entlassung von Hartmann verwundert gewesen sei und deswegen bei OStA Killmer anrief. Im Vermerk von Killmer darüber ist die Rede davon, dass A. gesagt habe, Hartmann habe Lübckes Adresse an Ernst weitergegeben. In der Befragung von A. spricht dieser davon, dass er im Schützenverein ein Gespräch zwischen Ernst und Hartmann gehört habe, in dem Ernst gesagt habe, man wisse nicht, wo die Leute lebten. Hartmann habe gesagt, er könne es ihm sagen: da, wo der „Meister“ wohne. Damit sei ein Meister der Firma Hübner gemeint, der in Wolfhagen wohne. Auf Frage von Killmer bestätigte A., dass er daher denke, dass Hartmann mit Ernst schon in Wolfhagen gewesen sei, obwohl Ernst den Namen nicht dazu gesagt habe. Das Gespräch habe 2015 oder 2016 stattgefunden. Auf Frage von RAin Schneiders gab A. an, weder den Ort Istha-Wolfhagen noch den Namen Lübcke in dem Gespräch gehört zu haben.

Es folgte der Zeuge D., Kriminalbeamter bei der Polizei Nordhessen. D. war bei der Festnahme des Angeklagten Hartmann dabei, hatte ihn gefesselt und belehrt. Sagebiel fragte nach den Äußerungen Hartmanns. D. antwortete, dass dieser auf dem Weg zur Dienststelle nichts gesagt habe. Auf der Dienststelle habe er betont, wenn der GBA „mit im Boot“ sei, werde er nichts sagen. Da sei er schon vorverurteilt und es stünden neun Jahre Gefängnis im Raum. Sagebiel fragte nach dem Inhalt der Belehrung. D. sagte, er habe zu Hartmann gesagt, es gehe um Beihilfe zum Mord, da von ihm die Waffe gekommen sei. Sagebiel sagte, dass Hartmann das richtigstellen hätte können. D. sagte, das habe er zu Hartmann auch gesagt, wenn es nur um ein Waffendelikt ginge, sei es ja nicht so schlimm. Sagebiel fragte nach weiteren Äußerungen. D. antwortete, Hartmann habe gesagt, dass er Ernst seit 15 Jahren kenne. Sie hätten sich in der rechten Szene kennengelernt und das Schießen im Schützenverein trainiert. Sie hätten sich von rechten Gruppen distanziert und seit 2009 keine Straftaten mehr begangen. Er habe das Video von der Veranstaltung in Lohfelden ins Netz gestellt und bewusst nicht kommentiert.

Der Zeuge wurde gefragt, warum er in seinem Vermerk Details ausgelassen hatte und diese erst in einem zweiten Vermerk schilderte, nachdem er von E. dazu aufgefordert worden war. E. hatte ein Gespräch des Zeugen mit einer Kollegin mitgehört. Die beiden Beamten hatten sich über die Aussagen von Markus Hartmann unterhalten. D. sagte, er erinnere sich an die Punkte, habe sie aber nicht aufgeschrieben. Es könne sein, dass es untergegangen sei. Dabei sei es um die Bemerkung Hartmanns zu den neun Jahren Haft gegangen und dass man in seiner Wohnung keine unerlaubten Waffen finden würde. RA Matt fragte nach der Vernehmung der ehemaligen Partnerin Hartmanns, der Zeugin Do. Er hielt vor, dass der Zeuge diese als offen beschrieb und dass sie einen glaubwürdigen Eindruck gemacht habe. Das bestätigte D. Sie habe bei Angaben nicht lange überlegen müssen. Irgendwann habe man im Gefühl, wenn Leute lügen, was hier nicht der Fall gewesen sei. RA Clemens fragte erneut nach der Belehrung seines Mandanten und dass Hartmann gesagt habe, dass er keine Angaben machen werde. Clemens fragte, wie es trotzdem zum Gespräch gekommen sei. D. antwortete, er habe gesagt, Hartmann müsse keine Angaben machen; trotzdem habe dieser sich normal unterhalten. Sagebiel: „Das ist ja auch nicht unzulässig.“ D. sagte, er wisse nicht mehr, wer wen angesprochen habe. Nachdem RA Clemens erneut betonte, dass Hartmann keine Angaben machen wollte, sagte Killmer, dass zentral sei, dass Hartmann über seine Rechte belehrt wurde. Dies sei der Fall gewesen. Nachdem die Liste der Waffen, die bei Hartmann gefunden wurden, verlesen worden war, endete der Prozesstag.

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