Bericht zur 29. Öffentlichen Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses im hessischen Landtag (10.10.2016)

0

Am Montag den 10.10. wurden im hessischen NSU-Untersuchungsausschuss mehrere Beamte befragt, die 2006 im Justizministerium tätig waren. Ursprünglich waren vier Zeugen geladen, der Generalstaatsanwalt a.D. Dieter Anders hatte jedoch krankheitsbedingt abgesagt.

Erster Zeuge war der Generalstaatsanwalt Helmut Fünfsinn. Dieser war 2006 Abteilungsleiter im Justizministerium und damit für die Berichte der Staatsanwaltschaften ans Justizministerium und an den Staatssekretär zuständig. Die einzelnen Staatsanwaltschaften in Hessen unterliegen einer Berichtspflicht, in besonderen Fällen das hessische Justizministerium zu informieren. Dieses fragte erstmals am 11. April 2006, eine Woche nach dem Mord an Halit Yozgat, bei der Kasseler Staatsanwaltschaft nach. Daraufhin bekamen sie einen Tag später einen Bericht der Kasseler StA über den Mord an H. Yozgat und wurden dabei informiert, dass dieser Mord Teil der „Ceska“-Mordserie sei. Von dem Verdacht und den Ermittlungen gegen Andreas Temme erfuhr das Justizministerium erst im Juli aus der Presse: Ein Mitarbeiter machte Fünfsinn auf einen Artikel der Bildzeitung aus Dortmund vom 14.7. 2006 aufmerksam, in dem über die Verdächtigungen und Ermittlungen gegen Temme berichtet wurde. Hierauf wurde ein Bericht aus Kassel über den Stand der Ermittlungen und die Verdächtigungen gegen Temme angefordert, der am 15.7. beim Justizministerium einging. In einem Gespräch wurde die Kasseler StA dafür gerügt, ihrer Berichtspflicht nicht nachgekommen zu sein, was jedoch nur selten vorkomme, so Fünfsinn. Auf die Frage, warum der Innenausschuss des hessischen Landtags erst nach den Medienberichten informiert wurde und selbst dann wichtige Informationen weggelassen wurden, meinte Fünfsinn, dass er es für sehr schwierig halte, im laufenden Verfahren das Parlament zu informieren, da Informationen hierdurch öffentlich werden könnten, selbst in geheimer Sitzung des Ausschusses.

Als nächster Zeuge wurde der derzeitige hessische Finanzminister Jürgen Schäfer befragt. Dieser war 2006 Staatssekretär im hessischen Justizministerium, zu dessen Zuständigkeiten auch die Aufsicht über hessische Staatsanwaltschaften gehörte. Da im Sommer 2006 der damalige Justizminister Jürgen Banzer erkrankt war, hatte Schäfer damals die alleinige Verantwortung. Auch er erfuhr erst von den Ermittlungen gegen Andreas Temme aus dem Zeitungsbericht und führte hierauf das „robuste“ Gespräch mit der Kasseler StA, in dem diese für die fehlenden Berichte kritisiert wurden. Thema der Befragung war hierüber hinaus die Sperrerklärung des Innenministeriums über die V-Leute Andreas Temmes und das Verhältnis zwischen Justiz- und Innenministeriums hierbei: Der Justizminister Jürgen Banzer erwog wohl zwischenzeitlich, rechtlich gegen die Sperrerklärung vorzugehen. Dies sei jedoch nicht möglich gewesen, so Schäfer. Die Sperrerklärung der V-Leute betreffend kamen in der Befragung Schäfers wenig neue Aspekte heraus.

Zuletzt wurde Jürgen Banzer befragt, der 2006 hessischer Justizminister war. Die Befragung wurde jedoch sehr schnell beendet: Banzer war Mitte Juli 2006 erkrankt, er war daher nur wenige Tage mit dem Fall beschäftigt und hat hieran keine Erinnerungen mehr.

Share.

About Author

Comments are closed.