„Ganz schlechte Arbeit“ – Der Prozess gegen Franco Albrecht – 25. Sitzung, 03.02.2022

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In der 25. Sitzung waren zwei Zeug*innen geladen, die in der JVA Preungesheim tätig waren. Franco Albrecht war zu Beginn seiner Untersuchungshaftzeit dort in einem besonders gesicherten Haftraum (BGH) untergebracht. Hintergrund der Ladung war, dass eine fälschliche Unterbringung hier eine leichte Strafmilderung für Albrecht bedeuten könnte. Im Anschluss an die Vernehmung stellte Albrechts Verteidigung und die Generalbundesanwaltschaft (GBA) noch weitere Beweisanträge.

Zu Beginn der Sitzung kritisierte der Vorsitzende Richter Koller die Art und Weise, wie die Verteidigung von Franco Albrecht arbeitet: „Was für mich nicht klar geht, ist Ihre Arbeitsweise“, so Koller. „Nehmen Sie die Verteidigung nicht ernst?“, fragte er an Schmitt-Fricke gerichtet. Hintergrund ist, dass Albrechts Anwälte Schmitt-Fricke und Hock angekündigt hatten, ihre weiteren Beweisanträge dem Gericht vorher zu schicken, dies jedoch offenbar nicht gänzlich getan haben und in Teilen der geschickten Anträge Fehler waren, die Koller selbst in Absprache mit Schmitt-Fricke korrigierte. Albrechts Anwalt verteidigte sich, er habe bis in die vorherige Nacht hinein die Beweisanträge mit seinem Mandanten zusammen erarbeitet und sie deshalb nicht vorab geschickt. Darauf entspann sich ein kurzes Wortgefecht zwischen dem Vorsitzenden Richter und Albrechts Anwalt mit gegenseitigen Vorwürfen, nicht sauber zu arbeiten.

Nach diesem Vorgeplänkel wurde die erste Zeugin aufgerufen. Irmtraud S.-B. arbeitet als Fachärztin für Psychologie und Psychiatrie in einer Klinik. Sie hat am 28. April 2017 als Konsiliarärztin Franco Albrecht begutachtet, der zu diesem Zeitpunkt in einem besonders gesichertem Haftraum (BGH) der JVA Frankfurt-Preunesheim I untergebracht war. Sie sollte begutachten, wie seine Verfassung ist und ob es Anzeichen für eine psychische Erkrankung gibt. Hierzu befragte sie ihn in Anwesenheit von Beamten der JVA. Bei ihrer Anamnese hielt sie neben einigen biografischen Daten zu Albrecht fest, dass sie bei der Befragung keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer psychischen Erkrankung sah, insbesondere keine Gefahr für Suizid. Aus fachärztlicher Sicht habe es keinen Grund für eine weitere Unterbringung im BGH gegeben.

Alle Prozessbeteiligten stellten hieran anschließend noch Nachfragen an die Psychiaterin die Unterbringung von Albrecht in dem BGH betreffend. Die Psychiaterin konnte auf die meisten Fragen jedoch nicht antworten. Sie verwies darauf, dass es sich hierbei um Fragen des Strafvollzugs handele, sie aber nur aus psychiatrischer Sicht geurteilt habe und nur hierzu etwas sagen könne. Danach wurde die Zeugin entlassen.

Im Anschluss wurde Dr. Peter M. als Zeuge befragt, der damals Vollzugsabteilungsleiter der JVA I war. Laut ihm wurde Albrecht wegen der Schwere des vorgeworfenen Deliktes und der Einschätzung des psychologischen Dienstes der JVA (nicht zu verwechseln mit der Konsiliarärztin) zu Beginn der Untersuchungshaftzeit in einem BGH untergebracht. Die Unterbringung in einem BGH sei immer eine Abwägung zwischen der Einschätzung des Inhaftierten und dem mit ihm verbundenen Risiko, so der Zeuge. An die konkrete Beurteilung von 2017 könne er sich aber nicht mehr erinnern, so M. Neben dem BGH ständen noch 2-3 Kameraüberwachte Hafträume zur Verfügung, die eine Zwischenstufe zwischen BGH und normalem Haftraum darstellten.

Albrechts Anwalt Schmitt-Fricke und Albrecht selbst stellten noch einige Fragen zu Albrechts Unterbringung im BGH, wer über die Unterbringung entscheidet, warum Albrecht seiner Aussage nach kurz in eine andere Zelle gebracht wurde, nur um dann wieder in einen BGH gebracht zu werden, ob aus der JVA Informationen an die Presse weitergegeben wurden, und ob seine Unterbringung im BGH auf eine Anweisung des Ministeriums geschehen sei. Zu den allermeisten Fragen konnte sich der Zeuge nicht äußern und verwies auf den Anstaltsleiter. Der Anstaltsleiter stehe nicht nur in Albrechts Fall in ständigem Kontakt mit dem Justizministerium. Eine Anweisung zur Unterbringung durch ein Ministerium sei ihm hier nicht bekannt. Nach einigen weiteren Auseinandersetzungen zwischen Albrechts Verteidigung und dem Gericht dazu, welche Fragen sie dem Zeugen stellen können, wurde der Zeuge nach einer wenig aussagekräftigen Befragung entlassen.

Der Vorsitzende Richter Koller erwähnte nochmal, dass sich eine fälschliche Unterbringung von Albrecht im BGH durchaus strafmildernd auf das Urteil auswirken könne, das sei jedoch marginal. In seinem Fall gebe es ganz andere Punkte, die relevant seien, sagte Koller an Albrecht gerichtet.

Beweisanträge von GBA und Verteidigung

Im Anschluss stellte die Generalbundesanwältin Weingast einen Antrag zur Verlesung weiterer Seiten aus Albrechts Notizbuch und elektronischen Dokumenten von ihm, die belegen sollen, dass sich der Angeklagte Albrecht seit 2015 stetig radikalisierte.

Danach stellte Albrechts Anwalt Moritz Schmitt-Fricke einige der angekündigten 10-15 Beweisanträge. Hier kam es erneut zu einem Wortwechsel zwischen Gericht und Anwalt, bei dem Koller dem Anwalt erneut „ganz schlechte Arbeit“ bescheinigte. Der erste Beweisantrag von Albrechts Verteidigung griff einen Bericht der Bild-Zeitung von April 2017 auf, durch den es zu einer Vorverurteilung gekommen sei. Durch die weiteren vier Anträge sollten Chats zwischen Albrecht und Alexander Jo., sowie aus der „Hannibal“-Chatgruppe „Süd“ verlesen werden, sowie zwei Oberleutnants der Bundeswehr vernommen werden. Alle vier Anträge der Verteidigung dienen Albrechts Verteidigungsstrategie, dass er sich vermeintlich nicht bewaffnet hätte um Anschläge durchzuführen, sondern aus Schutzabsicht im Falle eines „Zusammenbruchs staatlicher Ordnung“. Zuletzt stellte Schmitt-Fricke noch einen Antrag auf Fristverlängerung bis zum 17.02. um weitere Beweisanträge einzureichen, dem stattgegeben wurde. Damit endete der Prozesstag.

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