„Das ist antisemitischer Blödsinn“ – Der Prozess gegen Franco Albrecht – 22. Verhandlungstag, 21.12.21

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Am 22. Verhandlungstag im Prozess gegen Franco Albrecht wurden erneut Audiomitschnitte von dessen Handy abgespielt, in denen er zutiefst antisemitische Äußerungen von sich gab. In seinem anschließendem Versuch, diese zu relativieren, wiederholte und verstärkte er sie erneut, bis das Gericht ihm das Wort entzog.

Zu Beginn der Sitzung gab der Vorsitzende Richter Koller bekannt, dass er von allen Prozessbeteiligten die Impfnachweise kontrolliert habe bzw. kontrollieren wollte. Alle hätten einen vorzeigen können bis auf den Angeklagten Franco Albrecht. Dieser habe ein Genesenennachweis vorgezeigt, ob er geimpft sei, habe er nicht sagen wollen. Albrecht sagte hierzu, er brauche keine Impfung, da er Antikörper gegen das Corona-Virus habe. Diese lasse er regelmäßig von einem Labor überprüfen. Richter Koller genügte das jedoch nicht und so ließ er Plexiglaswände um Albrecht aufbauen und forderte diesen auf, dauerhaft eine Maske zu tragen. Außerdem untersagte er ihm im weiteren Verlauf der Sitzung, an das Richterpult heran zu treten. Albrecht beharrte weiter darauf, ausreichend Antikörper gegen das Virus zu besitzen und so keine Impfung zu benötigen. Um dies zu belegen, zog er im Verlauf der Verhandlung plötzlich Papiere mit Graphen darauf aus der Tasche und hielt sie hoch. Dieser Graph sollte seine Antikörperzahl darstellen. Richter Koller verwies darauf, dass es hierzu keine ausreichenden Studien gebe. Albrecht könne die Antikörperzahl auch mit seiner Hausnummer multiplizieren, so oder so bleibe sie nicht aussagefähig, entgegnete Koller entnervt. Albrecht gefährde alle anderen im Raum. Er könne ihm zwar nicht vorschreiben, appelliere aber an seine Vernunft sich bis zur nächsten Sitzung impfen zu lassen, so Koller. Albrecht entgegnete, dass seine gesundheitlichen Anliegen nur seine Anliegen seien.

Nach den Vorbemerkungen zur Albrechts Status als Ungeimpfter gab das Gericht bekannt, dass der eigentlich für diesen Tag geplante Zeuge pandemiebedingt nicht aus Österreich einreisen konnte. Stattdessen sollten weitere Audiomemos von Albrecht angehört werden.

Zuvor stellte Franco Albrechts Verteidiger Moritz Schmitt-Fricke einen Beweisantrag, dass Telegram-Chats zwischen Franco Albrecht und Rainer He. verlesen werden. Insbesondere beträfe dies Chats vom 28.06.16 und dem 01.07.16, in denen sich beide über einem bevorstehenden Ausnahmezustand austauschten. Dies solle belegen, dass sich Albrecht intensiv mit einer bevorstehenden Ausnahmesituation wie einem Kriegsfall befasst habe. Die GBA kündigte an, in einer der nächsten Sitzungen hierzu Stellung zu nehmen.

Antisemitische Audiomitschnitte von Albrecht

Im Anschluss wurden vier Audioaufnahmen von Franco Albrechts Mobiltelefon abgespielt. Die Aufnahmen wurden bereits mit anderen in einer der früheren Sitzungen abgespielt, waren aber nur schwer verständlich. Daher wurden sie für die Wiedergabe so vorbereitet, dass sie besser zu hören waren.

Die erste, an diesem Prozesstag abgespielte, Aufnahme war ein Mitschnitt eines Gesprächs zwischen Franco Albrecht und mindestens einer weiteren Personen (diese nannte er Dennis), das vermutlich in einer Bar oder Kneipe o.Ä. mitgeschnitten wurde. Im Hintergrund waren Musik und andere Geräusche zu hören. Trotz der Aufbereitung war nicht das komplette Gespräch verständlich.

In dem Gespräch tauschten die Personen sich in verschwörungsideologischer Art und Weise über weltpolitische Geschehnisse aus. Insbesondere Franco Albrecht fiel hier mit extremen antisemitischen, rassistischen, verschwörungsideologischen und nationalsozialistischen Aussagen auf:

So sagte er beispielsweise, die „Amis“ wollten die „Vermischung“ [von Nationen/Völkern, Anm. NSU-Watch Hessen]weil sie von Juden kontrolliert werden würden; Deutsche und Juden seien ein unterschiedliches Volk, dass sich gegenseitig abstoßen würde; Zu seinem Gegenüber sagte er, wenn er das Gegenteil glaube von dem, was westliche Medien schrieben, habe er die Welt begriffen; Der Westen wolle die Welt beherrschen, die einzigen Länder die sich dagegen wehrten und ihre Identität behalten wollten seien Russland, China, Iran, Venezuela und Nordkorea. Dies seien aber keine „Anführer-Länder“, daher bräuchten sie Deutschland als Anführer; Die USA würden Großbritannien, Frankreich und Deutschland als Sklaven halten; Zuletzt sagte er in dem Gespräch, dass Hitler kein Maßstab sei und über allen Dingen stehe. Als sein Gesprächspartner Hitler mit „ehrlicher Arbeit“ in Verbindung brachte, stimmte er diesem zu.

Die weiteren drei Audiomitschnitte waren Sprachmemos von Albrecht, in denen er erneut zu sich selbst bzw. zu einem imaginären Publikum sprach: Im zweiten Mitschnitt des Tages forderte er ein imaginäres Publikum zum Handeln auf. Nur weil alle gehorchen würden, würde es funktionieren, deswegen müssten die Leute aufhören zu gehorchen, sprach Albrecht und zitierte aus einem Lied: „Wenn nicht heute der Tag ist, wann dann? Wenn nicht hier, wo dann? Wenn nicht jetzt, wann dann? Wenn nicht wir, wer soll es dann tun? Niemand“, so der pathetische Schluss. In den anderen zwei hetzte Albrecht erneut gegen Medien und gab schwer verständliches zu „Gutmenschen“ von sich.

Das ist antisemitischer Blödsinn den sie hier erzählen, völliger Dumpfsinn!“

Im Anschluss an die vier abgespielten Mitschnitte nahm Franco Albrecht hierzu Stellung und zeigte dabei erneut seine antisemitische Gesinnung durch die Art und Weise, wie er diese abstritt. Die Sachen, die am populistischsten klangen, etwa die Behauptung, dass westliche Medien immer das Gegenteil von dem sagten was wahr sei, sei in dieser Kürze nicht haltbar, so Albrecht. Er betonte jedoch, dass es in seinen Aussagen um weltpolitisches Geschehen handele und er sich intensiv damit auseinandergesetzt habe. Die Aussage, dass die USA von Juden kontrolliert werde, sei kein antisemitisches Vorurteil, weil er sich damit auseinandergesetzt habe, so Albrecht. „Ich möchte klar machen, dass ich nicht schwätze sondern mich damit auseinander gesetzt habe, die Aussagen sind deshalb nicht antisemitisch zu verstehen“.

An dieser Stelle unterbrach Richter Koller das erste Mal und sagte, wenn er an der Stelle von Albrechts Verteidigern sei, hätte er hier um eine Pause gebeten. An Albrecht adressiert sagte er: „Letztlich wollen Sie sagen, das ist kein dumpfer Antisemitismus, weil ich kann beweisen dass die Juden wirklich die Welt kontrollieren“. Dies sei eine Distanzierung, welche die Aussagen in anderer Form wiederhole. „Wir hören hier nichts antisemitisches an“, so Koller. Was Albrecht sage gehe in die Richtung, ‚Das ist kein plumper Antisemitismus weil ich kann es ja beweisen dass es stimmt‘ ergänzte Koller. Albrecht entgegnete erneut, dass er kein Rassist oder Antisemit sei. Er habe das Recht dazu, sich mit solchen Schriften zu beschäftigen. Um dies zu belegen benutzte er den bei Antisemit*innen beliebten Trick und bezog sich auf jüdische Kronzeug*innen, um sich selbst von Antisemitismus frei zu sprechen. In diesem Fall zitierte er einen israelischen Schriftsteller um die antisemitische Verschwörungsideologie von einer Kontrolle der USA durch Jüdinnen und Juden zu legitimieren und endete mit „Wenn es für ihn eine Tatsache ist, dann kann es ja nichts antisemitisch sein“. Daraufhin unterbrach das Gericht die Sitzung für eine kurze Pause.

Nach der Pause belehrte Koller Albrecht, dass er sich nicht selbst belasten müsse. Seine Aussagen könnten den Straftatbestand der Volksverhetzung beinhalten, sagte Koller und wies daraufhin, dass die GBA mitschreibe und dies womöglich an die zuständige Staatsanwaltschaft in Frankfurt oder Offenbach weiterleite. Er werde jedenfalls keine Volksverhetzung in seinem Gerichtssaal dulden und Albrecht das Wort entziehen, sollte er sich in seiner Stellungnahme noch einmal in diese Richtung äußern.

Albrecht wiederholte dass er kein Rassist oder Antisemit sei und gegen niemanden eine Abneigung hege und nutzte erneut den Trick mit jüdischen Kronzeug*innen, in dem er sich auf eine Rabbinerin bezog, um seine Aussagen von der Kontrolle der USA durch Juden und Jüdinnen zu untermauern. „Sie merken gar nicht dass sie es noch schlimmer machen“ meinte Koller daraufhin. Albrecht meinte, seine Gedanken hierzu seien nicht abgeschlossen und setzte an um zu begründen, wie er auf den Gedanken komme, dass Juden und Deutsche sich gegenseitig abstießen. Da brach es aus Koller heraus: „Sie wollen begründen wie sie dazu kamen, dass Deutsche und Juden sich abstoßen? Das ist antisemitischer Blödsinn den sie hier erzählen, völliger Dumpfsinn!“ Franco Albrecht setzte daraufhin erneut und und bezog sich auf die Schriften eines weiteren Autoren und faselte etwas über einen Kampf zwischen „Blutadel“ und „Hirnadel“, wobei er Jüdinnen und Juden offensichtlich zu letzterem zählte, und letztere den Kampf gewonnen hätten. Daraufhin entzog Richter Koller Franco Albrecht das Wort.

Nach diesem Eklat wurden einzelne Dokumente verlesen und ein Antrag der Verteidigung, Mithäftlinge von Albrechts Zeit in Untersuchungshaft anzuhören, wegen fehlender Relevanz abgelehnt. Außerdem gab das Gericht bekannt, dass eine Verurteilung Albrechts wegen eines weiteren Straftatbestands in Betracht komme, wegen .von illegalen Waffen zwischen verschiedenen Ländern zusätzlich in Betracht gezogen werde. Hintergrund ist, dass Albrecht in einer der letzten Sitzungen zugab, seine illegalen Waffen zwischen Frankreich und Deutschland transportiert zu haben.

Zum Schluss gab das Gericht Termine für 2022 bekannt und verkündete ab dem 11. Januar mit ihrem geplanten Programm der Zeugenanhörung fertig zu sein. Für den März plane es die Urteilsverkündung, sollten Verteidigung oder GBA nicht noch weitere Anträge stellen. Damit endete ein Verhandlungstag, an dem Franco Albrecht wieder einmal überdeutlich machte, welcher extrem rechte, rassistische und antisemitische Ideologie er folgt.

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