Am 19. Verhandlungstag im Prozess gegen Stephan Ernst und Markus Hartmann wurde als einzige Zeugin die Ex-Freundin von Hartmann, Lisa Marie D., befragt. Zusammen haben beide eine Tochter, um deren Sorgerecht sie streiten. Gegen Ende der Befragung legte die Verteidigung Hartmanns nahe, dass Lisa Marie D. im Sorgerechtsstreit nicht immer zutreffende Angaben gemacht hatte, was auch ihre Glaubwürdigkeit an diesem Tag schmälerte.
Da Lisa Marie D. schon keinen Kontakt mehr zu ihrem Ex-Partner Markus Hartmann hatte, als der Anschlag auf Walter Lübcke vorbereitet und durchgeführt wurde, drehte sich ihre Befragung hauptsächlich um das Zusammenleben mit Hartmann, ihre Einschätzung zu ihm und Ernst und die politische Einordnung Hartmanns.
Beide hätten sich Ende 2014 über das Internet kennen gelernt, nachdem D. nach Nordhessen gezogen war und über das Chatportal „Jappy“ nach Kontakten in der Umgebung suchte. Im Laufe des Jahres 2015 seien die beiden ein Paar geworden, 2016 kam ihr Kind auf die Welt. Sie hätten sich nicht so oft gesehen und wenn, dann meistens bei ihr Zuhause. Waffen seien sein Hobby gewesen, so wie ihres eben Hunde seien, stellte die Zeugin dabei fest. Gestört habe sie das nicht. Auch sie habe einige Male mit Hartmann und Ernst im Schützenverein geschossen.
Über Hartmann sagte sie, dieser sei „ein Rechtsextremist und Reichsbürger“, „ruhiger Einzelgänger“, „narzisstisch“, mit „psychopathischen Anwandlungen“. Sie wiederholte ihre Einschätzung, dass Ernst eher der „Macher“ und Hartmann eher der „Denker“ gewesen sei. Dabei betonte sie auch, wie klandestin und vorsichtig Hartmann immer gewesen sei. Er habe alles getan, um unauffällig zu bleiben, um auf keinen Fall seine Waffenberechtigung zu verlieren. Die Beziehung sei schlussendlich in die Brüche gegangen, da Hartmann keine Verantwortung als Vater übernehmen wollte. Deshalb hätten sie sich 2017 getrennt und eine Familientherapie begonnen, die auch aber auch nicht die gewünschte Besserung brachte.
Sich selbst charakterisierte D. als „vom Grunde her rechts, aber gewaltablehnend“. Dabei bewegte sich die Zeugin seit ihrer Jugend in neonazistischen Kreisen, in ihrer Jugend in Brandenburg, später dann in Dortmund. D. hat nach wie vor neonazistische Tätowierungen wie die Losung der Waffen-SS „Meine Ehre heißt Treue“ (mit den Namen ihrer Hunde auf der Schulter) und eine verbotene Rune (auf dem Arm). Bis mindestens 2008 hatte sie ein mit Runen und den Zahlencodes 14 und 88 verziertes Hakenkreuz großflächig auf dem Oberschenkel gestochen, das inzwischen überstochen sei. Die Zeugin arbeitete eine Zeit lang in einer Unterkunft für Geflüchtete in Nordhessen und beteiligte sich mit Ernst und Hartmann 2016 an einer Demonstration der AfD in Erfurt, bei der sie Ordnerin war. Aufgrund ihrer Tätigkeiten in der Sicherheitsbranche hat sie eine Waffensachkundeprüfung abgelegt und darf beruflich Schusswaffen nutzen.
Gegen Ende des Prozesstages legten von der Verteidigung Hartmann gezeigte Fotos nahe, dass die Zeugin im Sorgerechtsstreit die Unwahrheit erzählte, was ihre Glaubwürdigkeit auch in diesem Prozess und den vorherigen Vernehmungen schmälerte.
Die Zeugin als unglaubwürdig und auf ihren Vorteil im Sorgerechtsstreit bedacht darzustellen, schien die Strategie der Verteidigung Hartmanns an diesem Prozesstag zu sein.
Bis dahin zeichnete sie, wie auch in ihren bisherigen Aussagen, ein Bild von Hartmann als rassistischen, frauenfeindlichen und antisemitischen Neonazi, der manipulativ sei und, wie beschrieben, eine besondere Affinität zu Waffen habe.