An diesem einstündigen Verhandlungstag ging es um die Festnahme von Albrecht an der Offenbacher S-Bahnstation Ledermuseum im Februar 2022. Zudem ging es um NS-Devotionalien, die bei einer Hausdurchsuchung in Straßbourg bei Albrecht gefunden wurden. Der Vorsitzende Richter machte deutlich, dass er nur noch wenig Geduld mit der Verteidigung und dem Angeklagten hat.
Zu Beginn des Verhandlungstages zeigte sich Albrecht aufgeregt und mit zerzausten Haaren. Laut hörbar sagte er auf Nachfrage zu Prozessbeginn: “Es geht mir den Umständen entsprechend.”
Richter Koller erklärte, dass ein erneut von Verteidiger Schmitt-Fricke gestellter Haftprüfungsantrag innerhalb von 2 Wochen geprüft werde. Auf Nachfrage erlaubte Koller nicht, dass ein Rechtsreferendariat Albrecht stellvertretend für seinen Verteidiger in der Untersuchungshaft besuchen kann.
Nach diesen kurzen Verfahrensfragen wurden insgesamt fünf Videos der Festnahme von Albrecht am 8. Februar 2022 an der S-Bahnhaltestelle Ledermuseum in Offenbach gezeigt. Dabei handelt es sich um Aufnahmen von Zeug*innen, die das Geschehen mit einem Handy gefilmt hatten. Diese wurden anschließend der Frankfurter Rundschau und danach dem Gericht als Beweismittel anvertraut. Die Videos wurden nicht in der Reihenfolge ihrer Erstellung gezeigt.
Im ersten Video ist zunächst der Einsatz eines Tasers und Pfeffersprays durch zunächst zwei Polizeibeamt*innen an den Treppen zur Haltestelle zu sehen. Albrecht steht mit dem Rücken zur Wand den Beamt*innen gegenüber und schreit immer wieder, dass er ein “freier Mensch” sei und sich “nicht beugen” werde. Er weigert sich mehrmals den Anweisungen der Beamt*innen Folge zu leisten und sich auf den Boden zu legen. Ein Polizist und eine Polizistin kamen noch hinzu. Im zweiten Video ist zu sehen und zu hören, dass Polizist*innen den Zeug*innen verbieten zu filmen. Ebenso in der dritten Aufnahme. Im vierten Video sagt ein Zeuge “so viele gegen einen” in Richtung der Polizist*innen. Derweil wird Albrecht auf den Boden gebracht und versucht seine Arme auf seinem Rücken zu binden. Dabei kniet mindestens ein Polizist auf Albrecht und ruft: “Hände auf den Rücken.” Albrecht entgegnet: “Lass mich bitte hoch.” Er fragt nach seiner Brille. Im fünften Video fragt Albrecht, warum er kontrolliert wird.
Anschließend gab die Verteidigung zu Protokoll, dass kein Versuch ein “Messer zu zücken” auf den Videos zu erkennen sei. Albrecht selbst gab an, dass er sich friedlich verhalten habe und nicht nach einem Messer in seiner Jackentasche gegriffen habe.
Danach wurd ein selbstaufgenommenes Video von Albrechts Handy vom Richter abgespielt. Darin spricht Albrecht teils in der 3. Person über sich und seine selbstgeschaffene Identität als “David Benjamin”. Wie in anderen Handyvideos hält Albrecht abermals ein Referat über seine Rechtsvorstellungen, die teils schwer zu verstehen sind und sprunghaft vorgetragen werden. In diesem Video sagt Albrecht, dass Gerichte dazu angehalten seien, das Recht zu wahren. Mit “David Benjamin” habe er den Beweis erbracht, dass das Recht nicht gewahrt wird. Daher wolle er alle die dafür Verantwortung tragen “in die Verantwortung nehmen”. Sie seien “unfähig Ämter zu bekleiden”. Sie sollten ihr “vom Volk gegebenes Mandat nicht mit Füßen treten”. Als Soldat der Bundeswehr falle es besonders schwer dies zu ertragen. Plötzlich springt Albrecht mitten in seinem Erzählfluss das Thema. Ein “Groll” gegen ihn drücke sich durch Drohungen gegen ihn und seine Familie aus. Wenn er nicht mehr darüber sprechen könne, dann werde er die Verantwortlichen bei der “neuen Regierung” und “Ministern” suchen.
Anschließend brachte Richter Koller Beweisanträge zu neuen Asservaten ein. Kopien wurden an die Bundesanwaltschaft und die Verteidigung verteilt.
Verteidiger Schmitt-Fricke widersprach danach der Verwertung aller Tagebücher von 2011 und alles was mit Tagebüchern zu tun habe. Durch seine unspezifischen Formulierungen, auch nach mehrmaliger Nachfrage des Richters was er genau meine, offenbart Schmitt-Fricke, dass er kein klares Bild darüber zu haben scheint, welche Beweise gegen seinen Mandanten vorliegen. Er wirkte unvorbereitet auf den Verhandlungstag. Sein Antrag wurde vom Gericht zur Kenntnis genommen.
Darauf folgend verlas die Bundesanwaltschaft (GBA) einen Widerspruch zu einem Beweisantrag der Verteidigung. Darin erklärt die Verteidigung, dass ein Jahrgangsbuch aus Albrechts Schulzeit beweise, dass er “kein rechtes Liedgut” gehört und einen “breiten Musikgeschmack” habe. Die GBA widerspricht: sie verweist auf eine bei Albrecht beschlagnahmte CD, auf der auch indiziertes extrem rechtes Liedgut gefunden wurde, und das Abholen von NS-Devotionalien in Straßbourg am 11. Februar 2022. Verteidiger Schmitt-Fricke entgegnet, in seinem Abiturbuch habe Albrecht darauf verwiesen, dass er auch gerne “Die Ärzte” höre. Daher rühre ihr Beweisantrag. Daraufhin verliest Schmitt-Fricke ein Schreiben zu Albrechts Sprachmemo Nr. 32. Darin steht, dass Albrecht “zu einer unkonventionellen Umgangsart” neige mit Verweis auf die Bundeswehr. Richter Koller unterbicht ihn, da dies ein “vorweggenommenes Plädoyer sei”. Koller ist spürbar genervt: es “braucht sich keiner dieses Geschreibe anhören”. Er spielt die entsprechende Audiodatei ab. Darin spricht Albrecht hektisch und wirr, fragt unter anderem: “Wenn nicht jetzt, wann dann?”
Daraufhin sagte Schmitt-Fricke, dass diese Frage als Kampfschrei für die Bundeswehr gedacht sei und verwies auf Albrechts “unkonventionelle Umgangsart”. Albrecht ergänzt, dass die Sichtung der beschlagnahmten Orden und Sprachmemos ergeben habe, dass er keinen NS-Bezug habe: “Weniger als die Hälfte der Orden hatte NS-Bezug”. Diese habe er von Angehörigen vererbt bekommen.
Richter Koller unterbricht ihn, sagt dass er nun über den “Nazidreck” den er mitführte spreche und damit neue Tatsachen einbringe. Dies sei ein Verfahrensfehler.
Koller fängt daher an Albrecht zu befragen.
Koller: Waren die Gegenstände bei Herrn Jo.? [gemeint ist Alexander Rainer Jo.]
Albrecht: Sie waren in Straßbourg.
K.: Haben sie sie nach Offenbach gebracht? Von welchen Angehörigen stammen sie?
A.: Ich möchte keine Namen nennen.
K.: Warum waren sie dann in Straßbourg?
A.: Kann ich nicht sagen, sie waren bei meinen Büchern.
K.: Warum haben sie sie am Ende des Prozesses abgeholt?
A.: Es ging um meine persönlichen Notizen und Erinnerungen.
K.: Zum Beispiel um Hitler-Heftchen zum “Kampf in Belgien”. Warum haben sie sie nicht einfach weggeworfen?
A.: Ich habe doch gesagt, dass die NSDAP Unheil gebracht hat. Habe nicht daran gedacht sie wegzuwerfen. Ich habe der Durchsuchung widersprochen, da sie eine Geheimdienstoperation war, es gibt noch eine geheime Staatspolizei. Ich habe Mein Kampf nur ein Mal aufgeschlagen und nie gelesen.
K.: Von welchen Angehörigen haben sie alles geerbt?
A.: Ich möchte keine Andenken schaden.
K.: Ich glaube ihnen nicht, dass sie nicht wissen von welchen Angehörigen sie stammen oder wo die anderen Waffen sind. Mir ist es egal, ob sie verurteilt werden oder nicht, wir werden so oder so bezahlt.
Der Richter will die Verhandlung beenden, doch Albrecht spricht weiter. Er wisse nicht, woher die beschlagnahmten NS-Devotionalien kämen.
Albrecht: Ich hatte keinen Nazi-Schrein.
K.: Woher kommen die Gegenstände?
A.: Vom Dachboden [seines Elternhauses in Offenbach].
K.: Setzen sie die Maske richtig auf, sie sind ungeimpft. Wir wollen noch in den Urlaub. Wenn sie nochmal was sagen möchten, dann verschriftlichen sie das vorher mit ihren Verteidigern.
Damit beendete der Richter die Sitzung. Der nächste Verhandlungstag wird auf den 25. April um 11 Uhr gelegt.