„So schlau, wie Sie meinen, sind Sie nicht.“ – Der Prozess gegen Franco Albrecht – 28. Sitzung, 03.03.22

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In der 28. Sitzung des Prozesses gegen Franco Albrecht wurde ein Zeuge der Landespolizei Baden-Württemberg vernommen, der Mitglied im Verein „Uniter“ und der Chatgruppe „Süd“ war und sich mit Albrecht über Waffen ausgetauscht hatte.

Auch am 3. März 2022 wurde Franco Albrecht wieder in Handschellen in den Gerichtssaal geführt, da er seit Mitte Februar wieder in Untersuchungshaft sitzt. Zu Beginn der Sitzung verlas der Vorsitzende Richter Koller eine Ablehnung des Antrags von Albrechts Rechtsanwalt Johannes Hock, „damit der Herr Hock auch weiß, dass er weiter arbeiten muss“, so Koller. Das Gericht lehnte den von Hock gestellten Antrag, ihn von seinem Pflichtverteidigermandat zu entbinden ab, da es keine ausreichenden Gründe hierfür sehe. Gleichzeitig würde ein Einspringen von Albrechts drittem Pflichtverteidiger, der jedoch noch nie im Prozess anwesend war, eine nicht vertretbare Verzögerung des Verfahrens bedeuten, so das Gericht. Koller gab Albrecht noch den Hinweis, „vielleicht hören Sie mal auf Ihren Anwalt“, mit. Im Anschluss lehnte das Gericht zwei Anträge der Verteidigung ab. Mit einem wollte die Verteidigung erneut den Abteilungsleiter der JVA Frankfurt Preungesheim I laden, mit dem anderen erneut versuchen, vermeintliche politische Weisungen aus der Politik zum Asylrecht thematisieren. Beides wurde vom Gericht abgelehnt.

Richter Koller informierte Franco Albrecht, dass für seine kürzlich beschlagnahmten Handys die Provider angefragt werden, um die PINs hierfür in Erfahrung zu bringen. Wenn Albrecht von sich aus die heraus gäbe, würde es schneller gehen, so das Gericht. Albrecht und seine Verteidigung äußerten sich hierzu in der Sitzung nicht.

Im Anschluss wurden zwei Onlineartikel verlesen. Einmal der Text der Bundeszentrale für politische Bildung mit dem Titel „Dokumentation: Prominente Vertreter rechten Denkens in Russlandmit dem Abschnitt über Natalja Aleksejewa Narotschnizkaja und der Artikel des Tagesspiegels „Thilo Sarrazin als Stargast bei Homophoben-Treffen“. Beide Artikel behandeln unter anderem Natalja Narotschnizkaja, die Albrecht angab, in Paris aufgesucht zu haben.

Nach der Verlesung der Artikel kam es erneut zu einem kleinen Wortgefecht zwischen dem Angeklagten Franco Albrecht und dem Vorsitzenden Richter Koller, da Albrecht sich der Ansicht Kollers nicht an die StPO hielt. In der Folge sagte Koller: „Herr Albrecht, wenn Sie glauben, Sie wissen das besser als ich, zeigt das mal wieder, wie sehr Sie sich überschätzen. So schlau wie Sie meinen sind Sie nicht“. Albrecht sagte, er meine dies auch nicht, sondern sei missverstanden worden, was Koller nur damit quittierte, dass er keine Lust habe, ein StPO-Seminar zu halten, dies führe zu nichts.

Unklare Abgrenzung zwischen „Uniter“ und Chatgruppe „Süd“

Als einziger Zeuge des Tages wurde Christian Ki. in den Zeugenstand gerufen. Ein weiterer für den Verhandlungstag geplanter Zeuge wurde bis zur Sitzung nicht erreicht. Ki. ist Polizist in Baden-Württemberg und war zeitweise Mitglied im Verein „Uniter“ und in der Chatgruppe „Süd“. Hierhin eingeladen sei er von dem damaligen KSK-Soldaten Andre S. alias „Hannibal“, der die Chatgruppe administrierte. Ki. nannte S. im Zeugenstand grundsätzlich nur „André“. Andere Leute in der Chatgruppe habe er nicht gekannt. Die Abgrenzung zwischen der Chatgruppe „Süd“ und dem Verein „Uniter“ sei ihm nicht immer klar gewesen, bis heute nicht. Er sei auf zwei Treffen gewesen, eines in Schwäbisch-Gmünd, eines vielleicht in Albstadt, räumte Ki. auf Vorhalt ein.

Auf dem Treffen in Albstadt sei er Franco Albrecht begegnet und habe sich mit ihm unterhalten. Albrecht habe ihn zu waffenrechtlichen Geschichten befragt, da habe er ihm gesagt, er könne einen Jagdschein machen. Richter Koller hielt Ki. seine frühere Aussage vor. Demnach habe Albrecht Ki. „auf gutdeutsch gefragt, ob ich Waffen beschaffen kann“. Darauf habe er nein gesagt, ihn aber auf spezielle Sportbögen verwiesen, so Ki. in seiner früheren Aussage. In Albrechts Notizen fand sich eine Typenbezeichnung eines solchen Sportbogen, daneben Name und Nummer von Christian Ki.

Nach ein paar wenigen weiteren Fragen durch das Gericht begann die Verteidigung den Zeugen Ki. zu befragen. Auf die Frage von Albrechts Anwalt Schmitt-Fricke, wie Albrecht bei dem Treffen aufgetreten sei , antwortete der Zeuge, dass Albrecht im Vergleich zu den anderen eher ruhig gewesen sei. Danach begann Albrecht selbst den Zeugen zu befragen. Er fragte ihn etwa nach Inhalten in der Gruppe und seiner Motivation dort mitzumachen. Ki. verwies darauf, dass er zu Bedrohungslagen nur sagen konnte, was Andre S. damals gesagt habe. Er selbst jedenfalls war damals überzeugt, dass es eine „innere und äußere Bedrohung gebe“, so Ki.

Als Franco Albrecht fragen wollte, ob aus seiner Sicht die meisten in der Chatgruppe so gedacht hätten, schritt Richter Koller ein. Der Knackpunkt im Prozess sei ein ganz anderer als der, wozu Albrecht fragen würde, sagte Koller. Albrecht säße in Untersuchungshaft, da sie als Gericht zu diesem fortgeschrittenen Punkt der Verhandlung bejaht hätten, dass Albrecht eine schwere staatsgefährdende Straftat vorgehabt hätte. Der Zeuge könne hierzu aber nichts beitragen aufgrund ihres kurzen Gesprächs miteinander. Dies wäre nur relevant, wenn sie als Gericht davon ausgehen würden, dass er dem Zeugen in ihrem kurzen Gespräch gleich von Anschlagsplänen erzählt hätte. Das täten sie als Gericht aber nicht, so Koller. Albrecht erwiderte, es gehe ihm darum zu zeigen, dass er sich bewaffnet habe um sich zu schützen, nicht um einen Terroranschlag zu begehen. Dazu könne der Zeuge aber nichts beitragen, so Koller.

Albrecht setzte seine Befragung von Christian Ki. trotzdem weiter fort und stellte ihm eine Reihe an Fragen zu der Wahrnehmung von Bedrohungslagen und wie gewisse Passagen aus der Chatgruppe zu verstehe seien. Dabei ging es darum, dass Mitglieder sich äußerten, wie sie sich „ mit ausreichend Munition durchschlagen“ wollen oder um ein von „Hannibal“ angebotenes Schießen aus einem Helikopter. Albrecht machte ihm zudem eine ganze Reihe aus Vorhalten aus Ki.‘s Vernehmung von 2017. Koller wies mehrmals daraufhin, dass dies für die Verhandlung nicht relevant sei. Als Koller sagte, er könne verstehen, dass Hock sein Mandat aufgeben wollte, warf ihm Albrechts anderer Anwalt Schmitt-Fricke Polemik vor, woraufhin Koller mit Verweis auf dessen Mails wiederum ihm Polemik vorwarf.

So in der Art setze sich der Prozesstag noch eine Weile fort. Zum Ende beschloss der Senat, die nächsten zwei Prozesstermine ausfallen zu lassen, da nicht sicher sei, ob der für heute geladene Zeuge erreicht werde, das BKA mit der Sichtung der bei Albrechts kürzlicher Festnahme sichergestellten Gegenstände noch nicht fertig sei und weil Albrecht noch keine der weiteren angekündigten 10-15 Beweisanträge gestellt habe. Albrecht versuchte zu argumentieren, dass er dies ohne die bei ihm sichergestellten Gegenstände nicht könne, worauf sich erneut eine Diskussion zwischen Albrecht und dem Gericht einstellte. Danach endete der Verhandlungstag.

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